05 Mai PRIMING – ein mächtiges Instrument der Neurowissenschaften
Hängen Sie in einem Raum (z.B. Meetingraum) ein Bild von einer Bibliothek auf, so wird dort automatisch leiser gesprochen – ohne dass dies den Betroffenen bewusst ist.
Alle Informationen, die unser Gehirn aufnimmt, werden zunächst im Zwischenhirn verarbeitet und nur in einem geringen Bruchteil an unser Bewusstsein weitergeleitet.
So hat die Umgebung in der wir uns befinden, einen wichtigen Einfluss auf unser Verhalten und unser Denken. Priming nennen dies die Experten.
Was wir tun können:
Gestalten Sie Ihre Räume mit Bildern von Managern (z.B. Bill Gates), Künstlern (Michelangelo, Modigliani), Spitzensportlern (Nowitzki) oder den „Helden“ Ihrer eigenen Organisation.
Visualisieren Sie Ihr gerade laufendes wichtigstes Projekt und hängen Sie einige Charts – sichtbar von Ihrem Arbeitsplatz aus – auf. Priming wird seine Wirkung nicht verfehlen. Denken Sie daran, unsere Umgebung beeinflusst unser Denken, unser Verhalten, unsere Entscheidungen.
Ein anderes Beispiel gefällig?
Killroy is watching you
Eine Kaffeeküche in einem Labor. Ein Aushang informiert die Benutzer über die in die Kaffeekasse zu entrichtenden Beträge. Eine Woche wird über die „Preisliste“ ein Bild mit Blumen gehängt. In der Folgewoche ein Bild mit einem Augenpaar.
Nach zehn Wochen erfolgt die Auswertung: In den Wochen mit dem Augenbild war signifikant mehr Geld in der Kaffeekasse als in den Wochen mit dem Blumenbild.
Die Schlussfolgerungen bieten sich an.
Noch ein drittes
Stellen Sie sich vor, Sie haben Ihr Examen an der Louisiana State University (LSU) in den USA absolviert. Seit Ihrer Studienzeit verfolgen Sie die Spiele der hiesigen Footballmannschaft mit freudigem Interesse. Nun hat Ihre Mannschaft am Wochenende ärgerlicherweise wider Erwarten ein Spiel verloren. Das beschäftigt Sie für einen Nachmittag, aber dann ist es auch wieder in Ordnung. Oder? Nun stellen Sie sich weiter vor, dass Sie Richter in Louisiana sind und Entscheidungen über das Strafmaß fällen müssen am Tag nach dem Spiel. Da hat die Niederlage Ihres Teams, ja wohl keinerlei Einfluss, oder? Doch! In einer Studie hat man genau dies herausgefunden. Richter, die Ihr Examen an der LSU absolvierten, verhängten an Tagen nach überraschenden Niederlagen des LSU Football Teams, messbar höhere Strafen, als sonst. Social priming nennen Experten diesen Einflussfaktor, der in unterschiedlichsten Erscheinungsformen in allen Bereichen unseres Lebens auftreten kann.
Die Beispiele und die Studien lassen sich beliebig fortsetzen. Diese “Primingfaktoren” können einen erheblichen Einfluss auf unser tägliches Business-leben ausüben – wir können die Richtung der Beeinflussung bestimmen.
Ein Fallbeispiel; Sie stehen vor einer wichtigen geschäftlichen Verhandlung. Ihr Gegenüber ist ein für seine Durchsetzungsfähigkeit und seine Ausdauer bekannt. Sie wollen ein Ergebnis mit guten Resultaten für beide in einer positiven Atmosphäre als Basis auch für eine spätere kooperative Zusammenarbeit.
Einige Tipps:
- Gehen Sie in einem Meetingraum mit bequemen Stühlen. Servieren Sie ein warmes Getränk in einem Behältnis, wo der Konsument die Wärme auch spürt.
- staffieren Sie den Raum mit friedlichen Bildern und Symbolen aus (Familie, Sportverein etc.)
- Beginnen Sie das Gespräch mit einem small talk und ein paar Fragen, die Ihr Gegenüber mit “Ja” beantworten sollte. Nennen Sie häufig seinen Namen. Machen Sie während des Gesprächs vorsichtig einige seiner Gesten nach. Atmen Sie in seinem Rhythmus.
- Platzieren Sie schon mal ein paar Zahlen, egal aus welchem Bereich, die höher sind als Ihre in der Verhandlung angestrebten.
- Sie können als Profi auch noch Musik und Düfte einsetzen. Dazu an anderer Stelle mehr.
Alle diese Tipps sind keine Garantien für Erfolg. Sie verbessern aber deutlich die Erfolgswahrscheinlichkeit. Priming ist ein mächtiges Instrument – ein höchst relevantes Ergebnis aus der Gehirnforschung mit noch seltener Anwendung im Business.
Autoren: Stefan Skirl, Leander Greitemann (Institut für angewandte Kreativität)